Mayadevi und die Empfängnis ihres Sohnes
Viele Legenden winden sich um die Empfängnis und die Geburt Buddhas. Doch die Hauptperson bleibt immer Mayadevi, die auch als Mahamaya („Große Maya“) oder Königin Maya, Göttin Maya bezeichnet wurde. Im tibetischen Buddhismus lautet ihr Name Gyutrulma. Sie war die leibliche Mutter von Siddhartha und Gattin des Königs Shuddhodana. Mayadevi und ihr Mann, König Shuddhodana, haben zwanzig Jahre lang versucht, ein Kind zu bekommen. Den Legenden zufolge träumte Königin Mayadevi eines Nachts von einem weißen Elefanten, der ihre rechte Körperseite berührte. Elefanten gelten als Symbol für Kraft und Stärke und Mayadevi wurde bewusst, dass sie einen starken Sohn gebären würde. Da der Elefant in ihrem Traum vom Himmel hinabstieg, erkannte sie auch den Weg ihres Kindes. Ihr Sohn und zukünftiger Buddha lebte zu diesem Zeitpunkt als Bodhisattva im Tushita-Himmel, dem Reinen Land Buddha Maitreyas, und würde von dort zu ihr heruntersteigen.
Mayadevi war für die Dauer von zehn Mondzyklen schwanger. Für die Geburt wollte sie zur Vollmondzeit zu ihrem Elternhaus zurückkehren. Um sich auf dem beschwerlichen Weg für eine kurze Zeit auszuruhen, stieg sie unterwegs von ihrer Sänfte ab, um im Blumengarten von Lumbini ein paar Schritte spazieren zu gehen. Die Umgebung dieses Parks und die Schönheit dieses Ortes verzauberten Königin Maya. Ergriffen vom Anblick des Blumengartens hielt sie sich für einen Moment am Zweig eines Baumes fest. In diesem Augenblick setzte die Geburt unter diesem Baum ein und ihr Sohn wurde aus ihrer rechten Seite geboren. Mayadevi säuberte ihr Neugeborenes im heiligen Teich und gab ihm den Namen Siddhartha (“derjenige, der sein Ziel vollendet hat”). Der neugeborene Buddha lief nach seiner Reinigung sieben Schritte und verkündete, diese werde seine letzte Wiedergeburt sein.
Als König Shuddhodana das Kind sah, überkam ihn ein Gefühl, als ob alle seine Wünsche in Erfüllung gegangen wären. Er lud einen brahmanischen Seher ein, der Vorhersagen über die Zukunft des jungen Prinzen machen sollte. Der Seher untersuchte das Kind eingehend mit seiner Hellsicht und informierte den König. Dieser Prinz werde entweder ein Chakravatin-König, ein Herrscher über die gesamte Welt, oder ein voll erleuchteter Buddha. Da die Zeit der Chakravatin-Könige jedoch vorüber war, werde Siddhartha ein unvergessener Buddha, deren Einfluss die tausend Millionen Welten durchdringen werde. Daraufhin ließ der König seinen Sohn weder religiös unterweisen, noch ließ er zu, dass Siddhartha menschliches Leid zu Gesicht bekam.
Königin Maya verstarb sieben Tage nach der Geburt ihres Sohnes und machte sich auf den Weg in den Tushita Himmel. Mayadevis Schwester Prajapati wurde Ziehmutter des Kindes. Als Prinz Siddhartha nach vielen lehrreichen Jahren zum erleuchteten Buddha wurde, besuchte er für drei Monate seine Mutter im Tushita Himmel. Er erwies ihr seinen Respekt und lehrte ihr das Dharma.
Welche Bedeutung hat der Name Mayadevi?
Mayadevi bedeutet so viel wie „Verzauberung“ oder „Illusion“, was mit ihrer außergewöhnlichen Schönheit in Verbindung gebracht wird.
Religiöse Schnittpunkte der Geschichte
Die jungfräuliche Empfängnis ihres Sohnes Siddhartha sowie die erschöpfende Reise während ihrer Schwangerschaft haben gewisse Parallelen zur heiligen christlichen Geschichte von Maria und Josef.
Auch in der griechischen und römischen Mythologie gibt es Schnittpunkte. Hier z.B. die Namensgleichheit zu Maia, der des Nachts von Zeus geschwängerten Mutter des griechischen Götterboten Hermes.
Der Maya Devi Tempel – zu Ehren der Mutter Buddhas
Während für Christen der Geburtsort Jesu in Bethlehem eine wichtige Gebetsstätte ist und Millionen von Muslimen nach Mekka pilgern, entwickelte sich der kleine Ort Lumbini, der an den Ausläufern des Himalaya-Gebirges im Südwesten von Nepal liegt, erst sehr spät zum Pilgerort und führte lange Zeit ein Schattendasein. An diesem Ort, an dem vor mehr als 2600 Jahren die Geburt von Siddhartha Gautama, besser bekannt als Buddha, stattgefunden hat, befindet sich nun der Maya Devi Tempel.
Für die rund 500 Millionen Buddhisten auf der Welt ist der Ort Lumbini daher einer der wichtigsten Pilgerorte überhaupt. Im Jahr 1997 wurde der Ort als Unesco-Welterbe anerkannt.
Die „Wiedergeburt“ des heiligen Ortes Lumbini
Im Jahr 261 v. Chr. konvertierte der nepalesische Herrscher Ashoka zum Buddhismus und unternahm 12 Jahre später eine Pilgerfahrt nach Lumbini. Er ließ eine Gedenksäule zur Erinnerung an die Geburt Buddhas errichten und erbaute dort einen Tempel. Doch bald darauf breitete sich in dieser Gegend der Hinduismus und auch der Islam weiter aus und Lumbini geriet in Vergessenheit. Zahlreiche Naturkatastrophen wie Hungersnöte, Dürren und Überschwemmungen, ließen den heiligen Ort Lumbini schließlich zu einem vergessenen Ort werden.
Dies änderte sich vor 125 Jahren durch Alois Anton Führer, der im Auftrag des indischen Amtes für archäologische Vermessung tätig war. Er entdeckte die Säule von Ashoka und kurz darauf wurden auch die verschütteten Überreste des Maya Devi Tempels gefunden. Es folgten jahrzehntelange Ausgrabungen, bis man im Jahr 1978 die Entscheidung traf, Lumbini zu einer würdigen Pilgerstätte für alle Buddha - Gläubigen auszubauen. Ein engagierter japanischer Architekt entwarf den „Lumbini Masterplan“ und erbaute rund um dem Maya Devi Tempel und die Säule von Ashoka eine gewaltige buddhistische Anlage von 4,8 Kilometern Länge und 1.6 Kilometern Breite.
Heute befinden sich an diesem Ort, welcher eingebettet in diesem riesigen Landschaftsparks liegt, zahlreiche Meditations-Zentren, einige Hotels, ein Museum, Einkaufsmöglichkeiten sowie 30 Klöster. Jedes der 30 Klöster wurde von einer anderen Nation entworfen. Die kulturellen und religiösen Werte jeder Nation sollen sich an diesem Ort wiederfinden. Pilger lernen auf ihrem Weg zum heiligen Maya Devi Tempel und der Ashoka-Säule zudem etwas über den Buddhismus und seine Entwicklung über die Jahrtausende. Am Ende des Pilgerweges wartet auch noch ein Teich – dem Glauben nach derselbe, in dem einst Königin Mayadevi ihren neugeborene Sohn Siddhartha badete.